Dienstag, 11. März, 10.58 Uhr
Als erster Gast an diesem sonnigen Dienstagmorgen betrat Banyadee die weit geöffnete Eingangstür zum Paradies. Dann musste er sich zuerst einmal hinten anstellen - wie schon eine Stunde zuvor an der Lidl-Kasse. Den frisch aus den Federn gekrochenen, bei Fritz an der Rezeption wartenden Geschöpfen Gottes liess er gerne Vortritt. Er hatte ja Zeit, sehr viel Zeit. Er musterte das Frühschoppen-Lineup, blickte in bekannte, aber auch neue Gesichter und liess sich von Babsy flugs in ein freundliches, aber unverbindliches Gespräch verwickeln. Abgelenkt von der blonden Powerfrau, die schon zu dieser frühen Tagesstunde - zumindest was die "Globe"-Zeitrechnung betrifft - hellwach und einsatzbereit für neue Abenteuer schien - nahm er nicht einmal wahr, wie er Fritz seinen Obolus entrichtete und dieser ihm im Gegenzug den Schlüssel zum Glück zuschob. Erst als Fritz sich räusperte, und mit Nachdruck fragte, ob Banyadee mit der Schlüsselnummer zufrieden sei, zuckte dieser in sich zusammen, fasste Tuch und Latschen und begab sich flotten Schrittes in Richtung Umkleide.
Früh begrüsst, spät verabschiedet
An der Bar sass bereits Camelia als sich Banyadee ebenfalls hinsetzte und bei Michaela einen Cranberry-Saft bestellte. Immer wieder blickte er zur Sofareihe am Manegenrand, dem offiziellen Stammplatz seines blonden Engels Sina. Wegen ihr war er heute hier. Zum letzten Mal, bevor sie wieder die Koffer packte und nach Hause flog. Frisch geduscht und geschminkt trat sie plötzlich aus der Dunkelheit hervor, und bevor sie abbog, um an der Kaffeemaschine einen Muntermacher rauszulassen, gab's eine frenetische Begrüssung. Auch Sina war gut gelaunt. Dann vertrösteten sich die beiden gegenseitig, aber verbindlich auf "später". Dass es sehr, sehr viel später wurde, konnte Banyadee zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen.
Six for Sex
"Hey, wöttsch au ade Show mitmache?", hatte er plötzlich Chanels kernige Stimme im Ohr. Er drehte sich um und sah, wie ihn Camelia mit fragendem Blick schon fast dazu aufforderte. "Ja", stammelte Banyadee, um im gleichen Atemzug nachzuschieben, dass er bei Bedarf aber anderen Gladiatoren den Vortritt lassen würde. Nichtsdestotrotz blieb er im Rennen - mit Camelia als gesetzte Bühnenpartnerin. Schon einmal stand er mit ihr im Rampenlicht, bei der allerersten Show seines Lebens. Das Lampenfieber hielt sich deswegen in Grenzen. "It is going to be tight", ereilte ihn kurz vor Showbeginn die Nachricht einer Mitkonkurrentin. "There are going to be six pairs on the stage". Oops, heute herrscht aber eine grosse Nachfrage. Das wird wirklich eng, schoss es Banyadee durch den Kopf und er überlegte sich, ob er mit Camelia nicht besser an den Bühnenrand dislozieren sollte. Die Show nahm ihren Lauf und Camelia beorderte Banyadee zwischen Alyah und Irina. Rücklings auf dem harten Bühnenboden liegend blickte Banyadee mit dem rechten Auge weit an Alyahs langen, gespreizten Beinen hinauf, mit dem linken Auge hatte er Irinas wippendes Gesäss im Visier. Camelia hatte er nicht mehr im Blickfeld, jedoch spürte er, wie sich ihre prickelnde (Listerine-getränkte?) Zunge an seinem besten Stück gütlich tat. Mit sechs Paaren gleichzeitig fühlte sich das ganze schon fast wie ein "Gang-bang" an, unbeabsichtigte Tritte ins Gesicht und an den Oberkörper inklusive. Nach einem Stellungswechsel kam Banyadees Zunge zum Einsatz und Camelias Stöhnen liess ihn vermuten, dass es wohl kein showmässig vorgetäuschter Orgasmus war. Trotz knapper Niederlage bedankte und verabschiedete sich die Holde mit einem feuchten Küsschen.
Eine wundersame Wandlung
Sina war schon kurz nach Mittag für längere Intervalle besetzt, und dann wieder und wieder. Banyadee übte sich in Geduld. Langweilig wurde es ihm dabei nicht, denn sein Club-Mentor und Frauen-Berater Neandertaler leistete ihm Gesellschaft. Die beiden sinnierten über "Gott und die schönen Frauen im Globe". Und über die geheimnisvollen, mysteriösen Globe-Wesen. Für Banyadee fiel auch Violeta in diese Kategorie. Mit stets aufgesetztem Pokerface und steinerner Miene war es für ihn schwierig, ihre Gedanken zu lesen. Doch die wundersame Wandlung erfolgte just an diesem Dienstag. Zu später Stunde - sein Mentor hatte sich zwischenzeitlich auf die Pirsch gemacht - alberte Banyadee mit Ariana herum als sich völlig unerwartet Violeta zu den beiden setzte. Ihre Haare trug sie offen, ihr Makeup war nicht mehr makellos aufgetragen und sie lächelte. Das erste Mal überhaupt, dass Banyadee ein Lächeln auf ihrem Gesicht sah. Völlig natürlich und völlig entspannt sass sie da, wie eine langjährige, vertraute Freundin. Sie wirkte offen, herzlich und strahlte menschliche Wärme aus. Mit dieser überraschenden Wandlung hätte Banyadee nicht gerechnet.
Mittelmass erwartet, Spitzenservice erhalten
Seine Abschiedsnummer mit Sina hatte er zu 99 Prozent abgeschrieben. Er hätte es auch verstanden, wenn sie nach ihrem Marathon-Einsatz den geplanten Zimmergang von sich aus abgeblasen hätte. Doch nun stand sie vor ihm, um 01.20 Uhr, und gab ihm zu verstehen, dass sie jetzt bereit sei. Mit leicht gereizten Unterton schickte sie Banyadee unter die Dusche. Auf dem Weg dorthin übermannten ihn Zweifel. Ob das unter diesen Umständen noch gut kommt heute Nacht? Hätte er die Übung doch nicht besser abbrechen und stattdessen nach Hause gehen sollen? Banyadee stellte sich innerlich schon mal auf eine eher mittelmässige Begegnung ein. Sina erwartete ihn im Zimmer. Um 01.28 Uhr schloss sie die Tür. Und dann geschah das Unglaubliche. Wie auf Knopfdruck schaltete sie in den Girlfriend-Modus um, ihre Angespanntheit, die Gereiztheit von vorhin war wie verflogen. Mit Leidenschaft und mit ihrer unverkennbaren, unschuldigen Mädchen-Art widmete sie sich voll und ganz dem Wohlergehen Banyadees, genauso, wie er es von ihr gewohnt war. Sein Glück konnte er kaum in Worte fassen. Er liess sich einfach treiben und genoss jeden Augenblick bis zur letzten Minute in den weichen Armen dieser Traumfrau. Zum Abschluss standen die beiden, ganz alleine, gemeinsam unter der Dusche. In den Räumen war die dezente Clubbeleuchtung bereits ausgeschaltet und grelles Licht blendete die müden Augen Banyadees. Um 02.16 Uhr, als Letzter, gab er Angelo seinen Schlüssel zurück. Einschlafen konnte er in dieser Nacht noch lange nicht.