Zwei Skorpione und ein bisschen Samba
Maya tat so als würde sie den Banyadee ignorieren und hätte überhaupt keinerlei Interesse an ihm. Kein Hallo, kein Augenzwinkern. Einfach nichts. Banyadee konnte es ihr aber nicht verübeln, denn er war zum ersten Mal in Kirchberg, also ein Fremder im Harem. Umso mehr war er überrascht, als sie sich an ihn heranschlich, während er wenig später planlos und ganz kurz vor dem Eindösen auf der grossen Spielliege im Kino lag. Sie räkelte sich in ganzer Länge um seinen Körper, strategisch so ausgerichtet, dass eine Flucht aussichtslos schien. Banyadee war nun gefangen im Serail, in den Fängen dieser ihm noch völlig unbekannten Maya. Doch unangenehm war die Arretierung nicht. Es entwickelte sich ein sehr lustvolles Verhör, bei dem Maya immer wieder seine Brust liebkoste und ihm am Ohr knabbernd ihren warmen Atem ins Konterfeit hauchte. «Sorry, I am not ready yet, I need to relax”, versuchte sich Banyadee aus der Affäre zu ziehen. Doch des Paschas kleiner Bruder war da anderer Meinung und richtete sich auf. «I love sex, I am scorpion, you know...», intensivierte die Studentin Maya ihr verführerisches Verkaufsgespräch. Damit hatte sie den Zeiger bei Banyadee automatisch auf «Go» gestellt. Und bevor sie zur nächsten verbalen Avance ansetzen konnte, hatte das Skorpion-Männchen seine Zunge bereits tief in ihre Mundhöhle geschoben.
Maya, so heftig wie ein Gewitter
Das fatale Paar verlegte seinen vereinbarten Nahkampf in einen etwas intimeren Rahmen. Das Verlangen des Weibchens war spür- und riechbar, die «Prävention» schnell über den giftigen Stachel gestülpt und der süsse Mittelfinger steckte zwischen den Schneidezähnen des Männchens. Das Skorpion-Weibchen behielt im Liebeskampf die Oberhand und forderte vom Männchen einen Orgasmus ein. Die aufgeladene Stimmung gipfelte in einem explosionsartigen Abschuss. So schnell wie das Gewitter namens Maya aufgezogen war und sich entladen hatte, so schnell war es dann auch wieder verschwunden und am Horizont für den Rest des Abends nicht mehr gesehen...das Wetter im Osten der Schweiz hatte sich an diesem Sonntagabend wieder beruhigt.
«Was, du weisst es nicht mehr?»
Ruhig und gemütlich, diesen Eindruck nahm Banyadee von seinem kürzlichen Erstbesuch an einem Sonntag im El Harem mit nach Hause. Die erste Begegnung hatte er mit einem lokalen Gast, der sein Velo direkt vor dem Eingang abstellte und freundlich die Tür aufhielt. Beim Umziehen kamen dann die beiden ins Gespräch. So ist es eben noch auf dem Lande, in der malerischen Ostschweiz: klein und familiär. Banyadee outete sich als Premieren-Gast und der offensichtliche Stammgast gab ihm gleich eine Empfehlung ab: «Ich komme immer wegen Anna, der Bulgarin, hierher, die macht einen super Service». Später kreuzten sich die Wege der beiden vor den Nasszellen wieder, wo der nette Nachbar mit einem Kuss von der kleinen und schlanken Irina verabschiedet wurde. Auch die biete Vollservice an, meinte er mit einem Augenzwinkern.
Die unerwartete Zusammenkunft mit einem kompetenten Szenenkenner in einer der Sofa-Ecken sowie die Begegnung mit einem Gast an der Bar, den Banyadee von einem anderen Club her kannte, half mitunter auch, dass er sich recht schnell in diesem ihm bislang fremden «Harem» akklimatisieren konnte. Und dann war noch das Gesicht an der Rezeption. «Was, du weisst es nicht mehr? Wir waren damals im Swiss eine Stunde miteinander auf Zimmer!», rüttelte die Hausdame Bella Banyadees Gedächtnis wach. Sie erwischte Banyadee, der soeben mit dem erschöpften Skorpion-Weibchen im Schlepptau aus dem Schlachtfeld zurückgekehrt war, wohl in einem denkbar schlechten Moment.
Gemächlicher Sonntag
Durstig schlenderte er nach dem Duschen an die Bar wo ihm ein schlankes, braungebräuntes Wesen mit schwarz-funkelnden Augen einen Drink reichte. Die Augenweide stellte sich als Anita vor, gebürtige Brasilianerin. Da sie aber bereits in mehr oder weniger festen Händen war, setzte sich Banyadee nach einem Umweg übers Sonntagsbrunch-Buffet solo hin und genoss seine Ausbeute. Dabei schweifte sein Blick zu den weiteren anwesenden Damen, die teils sassen – und so stellt man es sich eben in einem Harem (mit tatsächlich vorhandenem Himmelbett) vor – auch herumlagen. Aus einem kurzen Gespräch mit dem Harems-Chef, erfuhr Banyadee, dass am Vorabend die Hölle los war und Gästen sogar empfohlen wurde, besser an einem anderen Tag zu kommen. Unter diesem Aspekt war es durchaus nachvollziehbar, dass die Haremsdamen den heiligen Sonntag gemächlich angingen.
Doch Banyadee, gestärkt von Gulaschsuppe, Eiercanapés und Linzertorte, juckte es in den Beinen. Die ruhige Club-Atmosphäre erdrückte ihn schier. Die Tanzbühne war leer und der Platz neben Anita – zumindest temporär – war es auch. Schnell setzte er sich zu ihr und bat sie, DJ Bella einen Musikwunsch zu überbringen. Dann stieg er an die Stange hinauf und wartete bis die ersten Takte aus den Lautsprechern ertönten. Der Pascha tanzte Samba. Innert Sekunden schoss das Stimmungsbarometer von 0 auf 100, die freien Haremsdamen erhoben sich und bewegten ihre Figuren ebenfalls rhythmisch angepasst zu den südamerikanischen Klängen.